Von Sepp Herberger
wissen wir, dass ein
Fußballspiel 90 Minuten
dauert. Diese simple
Weisheit des
Weltmeister-Trainers von
1954 scheint den jungen
Westfalia-Spielern nicht
geläufig zu sein. Nach
60 Minuten gaben sie
sich auf, schon die
Körpersprache zeigte,
dass sie nicht mehr
daran glaubten, einen
0:2-Rückstand noch
umdrehen zu können. Und
dabei wäre gegen biedere
Essener, die eigentlich
nie so recht ins Spiel
fanden, gestern durchaus
der zweite Saisonerfolg
der Strünkeder drin
gewesen.
Die Herner waren von
Beginn an die aktivere
Mannschaft, hatten
läuferisch und
kämpferisch klare
Vorteile und
erarbeiteten sich so
auch ein deutliches
Chancenplus. Bis zu den
ersten guten
Möglichkeiten dauerte es
zwar gut 20 Minuten,
dann prüfte Nicolas
Stevanovic SW-Keeper
Bley erstmals mit einem
16-Meter-Schuss, nach
der anschließenden Ecke
köpfte Danny Tottmann
den Ball über die Latte.
Stevanovic scheiterte
kurz darauf mit einem
Schuss aus der Drehung
erneut an Bley (22.),
ehe es Innenverteidiger
Philipp Kraska dann
gleich mehrfach aus der
Distanz versuchte. Aber
entweder strichen die
Schüsse knapp am
Aluminium vorbei
(30./32.), oder Bley
bekam noch die Faust an
den Ball (39.).
Philipp Kraskas Schuss
streicht knapp über den
Querbalken.
Foto: Cib
Auch Sven Gehrmann mit
dem Kopf (34.) und einem
schwachen Abschluss
(41.) ließ noch zwei
Chancen liegen, ehe die
Gäste wie aus dem Nichts
den Spielverlauf auf den
Kopf stellten. Einen
ersten gefährlichen
Schuss von Opitz auf das
Herner Tor konnte Pascal
Kurz zwar mit einer
starken Parade klären,
aber der Ball landete
genau auf dem Fuß von
Dennis Bachmann und von
da im Tor (44.).
Diesen Rückschlag kurz
vor der Pause steckten
die Strünkeder noch weg,
drängten nach dem
Anpfiff zur zweiten
Hälfte gleich wieder auf
das Essener Tor. Nach 53
Minuten lag der
Ausgleich in der Luft.
Aber nach einer Flanke
von Kraska landete der
Kopfball von Stevanovic
nur am Pfosten, den
Abpraller semmelte
Gehrmann über den
Querbalken.
Die Essener kamen nur
bei Kontern zur
Entlastung und hatten
dabei auch noch Erfolg.
Das lag aber in erster
Linie daran, dass
Bachmann sich kurz vor
der Mittellinie einen
katastrophalen
Ballverlust leistete.
Der Ex-Herner Kamil
Bednarski spielte die
Kugel direkt auf
Vincenzo Burgio weiter,
und der vollendete ohne
Probleme (60.).
Das 2:0 für die Essener
Gäste in der 60.
Spielminute
Foto: Cib
Mit diesem zweiten
Nackenschlag war den
Hernern endgültig der
Zahn gezogen. Essen
setzte sogar noch einen
drauf, weil sich nach
einem Freistoß von Mutlu
niemand für Burgio
verantwortlich fühlte
und der SWE-Stürmer
ungestört zum 3:0 (83.)
einköpfen konnte. Für
den SCW eine Niederlage,
die unnötig wie ein
Kropf war.
Trainerstimmen:
Dirk Helmig (ETB):
„Ein glücklicher Trainer
sieht anders aus. Wir
freuen uns über die drei
Punkte, aber mit der
Leistung kann ich als
Trainer nicht zufrieden
sein. In der ersten
Halbzeit haben wir nicht
ins Spiel gefunden,
keine Ordnung gehabt und
sind nur durch ein
Geschenk in Führung
gegangen. Meine Hoffnung
für die zweite Hälfte
war, noch einen Konter
zu fahren, und das ist
uns auch gelungen.“
Uli Reimann (SCW):
„Für die erste Halbzeit
kann ich meiner
Mannschaft keinen
Vorwurf machen, außer,
dass wir vorne nicht
entschlossen genug sind.
Das Gegentor ist zu
einem unglücklichen
Zeitpunkt gefallen, und
das 0:2 war natürlich
ein krasser Fehler von
Bachmann. Meine
Mannschaft ist psychisch
nicht so gefestigt, dass
sie das dann noch
umdrehen kann.“
Kommentar:
Lehrgeld und Kapital
Geld war und ist beim SC
Westfalia Herne
eigentlich immer ein
Thema. Im Augenblick ist
es die junge Mannschaft,
die in der NRW-Liga
reichlich Lehrgeld
zahlt. Eine sportliche
Bankrotterklärung wird
es in dieser Saison aber
dennoch nicht geben.
Denn gestern widersprach
Reinhold Spohn, Chef des
Fußballkreises und
NRW-Liga-Staffelleiter,
den aufgekeimten
Gerüchten, es könnte in
dieser Saison doch einen
Absteiger geben.
Seinen Startplatz in der
neuen (alten) Oberliga
Westfalen hat der SCW
also sicher. Aber auch
dafür braucht es Geld.
Dieses Kapital für die
Zukunft des Vereins zu
generieren, ist auch
eine Aufgabe des
designierten neuen
Vorstands um Sascha Loch
und Ulrich Lickes.
Vielleicht hätten es die
beiden bei möglichen
Sponsoren einfacher,
wenn sie langsam auch
über die Legitimation
durch die Mitglieder
verfügen würden. Zu
lange sollte sich der
SCW mit der offiziellen
Vorstandswahl keine Zeit
mehr lassen.
von Uwe Ross
Quelle:
WAZ
Herne
SC Westfalia 04 Herne - ETB Schwarz-Weiß Essen 0:3 (0:1)
SCW: Kurz – Gallus,
Tottmann, Kraska,
Bachmann – Jacobs (57.
Petrovic), Stöhr,
Sazoglu, Pachutzki –
Stevanovic, Gehrmann
(85. Sabellek)
ETB SW Essen: Bley –
Bartsch (73. Dluhosch),
Heinzmann, Voß, Stahmer
– Zeh – Bednarski,
Walther, Mutlu (84.
Lüttgen) – Burgio, Opitz
(63. El Hossaini)
SR: Marija Kurtes
(Düsseldorf)
Tore: 0:1 Bachmann (44.,
Eigentor), 0:2 Burgio
(59.), 0:3 Burgio (83.)
Zuschauer: 300.