PRESSE

Emotionales Kampfspiel bleibt ohne Sieger
 

23.05.16

Westfalia Herne holt gegen Wickede einen 0:3-Rückstand auf. Beide Teams kämpfen verbissen und liefern sich eine turbulente Partie mit zwei Elfmetern und drei Platzverweisen.

Aus der Traum. Westfalia Herne hat das Endspiel um den Relegationsplatz verpasst und muss in der nächsten Saison einen neuen Anlauf zum Oberliga-Aufstieg starten. Für Christian Knappmann kein Grund, Trübsal zu blasen. Im Gegenteil. Spürbar mitgenommen von einer mitreißenden, mit viel Leidenschaft und noch mehr Gift geführten Partie, verblüffte der Herner Trainer die Zuhörer im überfüllten „Tilkowski“, als er seinen Kommentar zum Spiel mit einem Einstein-Zitat einleitete. „Halte dich von negativen Menschen fern, denn die haben ein Problem für jede Lösung“ – darüber, so Knappmann, sollten einige im Raum mal nachdenken.

Womit er den Blick wohl auf das Positive richten wollte: Dass seine Jungs „wie Löwen gekämpft“ und einen 0:3-Rückstand wettgemacht hätten. Oder dass Herne seit Ende Februar nicht mehr verloren und 27 Punkte aus elf Spielen geholt hat. Das sind ohne Zweifel Fakten, die mehr nach Lösung als nach Problem aussehen. Wo das Problem in dieser Saison nach Ansicht der Verantwortlichen lag, das machte Vorstandsmitglied Horst Haneke mit einem Satz deutlich: „Wir haben uns zwei Monate zu spät von Knappis Vorgänger getrennt.“ Viel Arbeit und zahllose Gespräche seien nötig gewesen, um aus einem „verlotterten Haufen“ wieder eine richtige Mannschaft zu machen, die für den SCW in jedem Spiel Vollgas gibt.

Das tat sie auch gestern, vielleicht drückte sie sogar zu stark aufs Gaspedal. Vom Anpfiff an spielten die Herner mit heißem Herzen, ließen aber den kühlen Kopf vermissen. So wie in Minute 15, als Sebastian Mützel während einer Spielunterbrechung Wickedes Sebastian Didion umrempelte, was durchaus als Tätlichkeit hätte ausgelegt werden können. Schiedsrichter Thomas Kappek, der sich auch später nie aus der Ruhe bringen ließ, beließ es bei einer strengen Ermahnung, womit Mützel mehr als glimpflich davon gekommen war.


In der starken Anfangsphase konnte der SCW seine Chancen nicht nutzen.

Dennoch hatte er seiner Mannschaft damit einen Bärendienst erwiesen. Denn diese Szene markierte das Ende einer starken Phase mit viel Herner Ballbesitz und etlichen Standards, die durchaus Gefahrenpotenzial besaßen. Nur zwei Minuten später nutzte der Gast die aufgekommene Hektik und ging mit dem ersten nennenswerten Angriff in Führung. Das saß. Herne verlor nun jegliche Kontrolle, rannte übermotiviert an und wurde prompt bestraft. Nils Lennart Dietz düpierte die entblößte SCW-Abwehr mit einem feinen Pass auf Benjamin Biehs, der von der Mittellinie aus allein aufs Tor zulief und Carpentier keine Chance ließ. Noch vor der Pause hätte das 0:3 fallen können, aber das Lattenkreuz und beim Nachschuss der Pfosten standen dem dritten Wickeder Treffer im Wege. Der fiel allerdings kurz nach Wiederbeginn. Hatte Biehs nach Ayaz’ Patzer seine zweite Großchance noch versiebt (46.), hatte der frühere SCW-Spieler keine Mühe, eine tolle Dietz-Vorarbeit zum 0:3 zu veredeln (51.).

Herne schien geschlagen. Schien. Aber diese wilde Truppe steckt nie auf und zeigte erneut erstaunliche Comeback-Qualitäten. Zwei Elfmeter, von Fatmir Ferati sicher verwandelt, brachten den SCW heran und die Tribüne zum Kochen.


Die Wende im Spiel: Fatmir Ferati erzielt das 1:3 per Handelfmeter

Wickede wackelte, und die Partie eskalierte. Als Florian Fischer weit aus seinem Tor eilte, Frederik Streit in Kung-Fu-Manier niederstreckte und als zweiter Wickeder vorzeitig duschen musste, roch es förmlich nach einer Wende. Weil das Wechselkontingent erschöpft war, musste ein Feldspieler ins Tor. Der Ex-Sodinger Didion zog sich die Handschuhe an – und musste gleich bei seiner ersten Aktion den Ball aus dem Netz klauben. Mützels abgefälschter Schuss war nicht zu halten. Danach warf Herne alles nach vorn, wollte mit Elf gegen Neun das Siegtor erzwingen, aber Didions Glanztat gegen Streit und die Latte bei einem Zakrzewski-Kopfball verhinderten den möglichen SCW-Sieg.


Trotz drückender Überlegenheit am Ende des Spiels gelang der Siegtreffer leider nicht mehr.                  Fotos: J. Henrich

Zum „Endspiel“ in Brünninghausen hätte er eh nicht gereicht. Schade, aber kein Problem. Wenigstens nicht für Christian Knappmann.


SC Westfalia 04 Herne - BV Westfalia Wickede 3:3 (0:2)

Tore: 0:1 (17.) Schröder, 0:2 (27.) Biehs, 0:3 (51.) Biehs, 1:3 (60.) Ferati (Handelfmeter), 2:3 (68.) Ferati (Foulelfmeter), 3:3 (80.) Mützel.

SCW: Carpentier - Zaskoku, Zakrzewski, Mützel - Gumpert (43. Weßendorf), Klaas, Streit - Kaya (53. Yavuz), Ferati, Ayaz (53. Kusakci) - Onucka.

Wickede: Fischer - Lüder, da Silva, Baron, Andretzki (46. Schymanietz) - Prothmann - Schröder, Dietz (72. Städter), Didion, Toetz - Biehs (55. Dej).

SR: Thomas Kappek (Münster).

Rote Karten: Fischer (Wickede/76.), Biehs (Wickede/85., nach Auswechslung).

Gelb/Rot: Prothmann (Wickede/67.)


Quelle: WAZ Herne | Wolfgang Volmer
 

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