Westfalia Herne holt
gegen Wickede einen
0:3-Rückstand auf. Beide
Teams kämpfen verbissen
und liefern sich eine
turbulente Partie mit
zwei Elfmetern und drei
Platzverweisen.
Aus der Traum. Westfalia
Herne hat das Endspiel
um den Relegationsplatz
verpasst und muss in der
nächsten Saison einen
neuen Anlauf zum
Oberliga-Aufstieg
starten. Für Christian
Knappmann kein Grund,
Trübsal zu blasen. Im
Gegenteil. Spürbar
mitgenommen von einer
mitreißenden, mit viel
Leidenschaft und noch
mehr Gift geführten
Partie, verblüffte der
Herner Trainer die
Zuhörer im überfüllten
„Tilkowski“, als er
seinen Kommentar zum
Spiel mit einem
Einstein-Zitat
einleitete. „Halte dich
von negativen Menschen
fern, denn die haben ein
Problem für jede Lösung“
– darüber, so Knappmann,
sollten einige im Raum
mal nachdenken.
Womit er den Blick wohl
auf das Positive richten
wollte: Dass seine Jungs
„wie Löwen gekämpft“ und
einen 0:3-Rückstand
wettgemacht hätten. Oder
dass Herne seit Ende
Februar nicht mehr
verloren und 27 Punkte
aus elf Spielen geholt
hat. Das sind ohne
Zweifel Fakten, die mehr
nach Lösung als nach
Problem aussehen. Wo das
Problem in dieser Saison
nach Ansicht der
Verantwortlichen lag,
das machte
Vorstandsmitglied Horst
Haneke mit einem Satz
deutlich: „Wir haben uns
zwei Monate zu spät von
Knappis Vorgänger
getrennt.“ Viel Arbeit
und zahllose Gespräche
seien nötig gewesen, um
aus einem „verlotterten
Haufen“ wieder eine
richtige Mannschaft zu
machen, die für den SCW
in jedem Spiel Vollgas
gibt.
Das tat sie auch
gestern, vielleicht
drückte sie sogar zu
stark aufs Gaspedal. Vom
Anpfiff an spielten die
Herner mit heißem
Herzen, ließen aber den
kühlen Kopf vermissen.
So wie in Minute 15, als
Sebastian Mützel während
einer Spielunterbrechung
Wickedes Sebastian
Didion umrempelte, was
durchaus als Tätlichkeit
hätte ausgelegt werden
können. Schiedsrichter
Thomas Kappek, der sich
auch später nie aus der
Ruhe bringen ließ,
beließ es bei einer
strengen Ermahnung,
womit Mützel mehr als
glimpflich davon
gekommen war.

In der starken
Anfangsphase konnte der
SCW seine Chancen nicht
nutzen.
Dennoch hatte er seiner
Mannschaft damit einen
Bärendienst erwiesen.
Denn diese Szene
markierte das Ende einer
starken Phase mit viel
Herner Ballbesitz und
etlichen Standards, die
durchaus
Gefahrenpotenzial
besaßen. Nur zwei
Minuten später nutzte
der Gast die
aufgekommene Hektik und
ging mit dem ersten
nennenswerten Angriff in
Führung. Das saß. Herne
verlor nun jegliche
Kontrolle, rannte
übermotiviert an und
wurde prompt bestraft.
Nils Lennart Dietz
düpierte die entblößte
SCW-Abwehr mit einem
feinen Pass auf Benjamin
Biehs, der von der
Mittellinie aus allein
aufs Tor zulief und
Carpentier keine Chance
ließ. Noch vor der Pause
hätte das 0:3 fallen
können, aber das
Lattenkreuz und beim
Nachschuss der Pfosten
standen dem dritten
Wickeder Treffer im
Wege. Der fiel
allerdings kurz nach
Wiederbeginn. Hatte
Biehs nach Ayaz’ Patzer
seine zweite Großchance
noch versiebt (46.),
hatte der frühere
SCW-Spieler keine Mühe,
eine tolle
Dietz-Vorarbeit zum 0:3
zu veredeln (51.).
Herne schien geschlagen.
Schien. Aber diese wilde
Truppe steckt nie auf
und zeigte erneut
erstaunliche
Comeback-Qualitäten.
Zwei Elfmeter, von
Fatmir Ferati sicher
verwandelt, brachten den
SCW heran und die
Tribüne zum Kochen.

Die Wende im Spiel:
Fatmir Ferati erzielt
das 1:3 per Handelfmeter
Wickede wackelte, und
die Partie eskalierte.
Als Florian Fischer weit
aus seinem Tor eilte,
Frederik Streit in
Kung-Fu-Manier
niederstreckte und als
zweiter Wickeder
vorzeitig duschen
musste, roch es förmlich
nach einer Wende. Weil
das Wechselkontingent
erschöpft war, musste
ein Feldspieler ins Tor.
Der Ex-Sodinger Didion
zog sich die Handschuhe
an – und musste gleich
bei seiner ersten Aktion
den Ball aus dem Netz
klauben. Mützels
abgefälschter Schuss war
nicht zu halten. Danach
warf Herne alles nach
vorn, wollte mit Elf
gegen Neun das Siegtor
erzwingen, aber Didions
Glanztat gegen Streit
und die Latte bei einem
Zakrzewski-Kopfball
verhinderten den
möglichen SCW-Sieg.

Trotz drückender
Überlegenheit am Ende
des Spiels gelang der
Siegtreffer leider nicht
mehr.
Fotos: J. Henrich
Zum „Endspiel“ in
Brünninghausen hätte er
eh nicht gereicht.
Schade, aber kein
Problem. Wenigstens
nicht für Christian
Knappmann.
SC Westfalia 04 Herne -
BV Westfalia Wickede 3:3
(0:2)
Tore: 0:1 (17.)
Schröder, 0:2 (27.)
Biehs, 0:3 (51.) Biehs,
1:3 (60.) Ferati
(Handelfmeter), 2:3
(68.) Ferati
(Foulelfmeter), 3:3
(80.) Mützel.
SCW: Carpentier -
Zaskoku, Zakrzewski,
Mützel - Gumpert (43.
Weßendorf), Klaas,
Streit - Kaya (53. Yavuz),
Ferati, Ayaz (53.
Kusakci) - Onucka.
Wickede: Fischer - Lüder,
da Silva, Baron,
Andretzki (46.
Schymanietz) - Prothmann
- Schröder, Dietz (72.
Städter), Didion, Toetz
- Biehs (55. Dej).
SR: Thomas Kappek
(Münster).
Rote Karten: Fischer
(Wickede/76.), Biehs
(Wickede/85., nach
Auswechslung).
Gelb/Rot: Prothmann
(Wickede/67.)
Quelle:
WAZ Herne
| Wolfgang Volmer
Alle Highlights im
SCW-TV
Fotoalbum J. Henrich