Trotz der erfolgreichen
Aufholjagd ist Trainer
Christian Knappmann nach
dem 2:2 gegen
Wiemelhausen stocksauer.
Hordel übernimmt die
Tabellenspitze.
Binnen acht Tagen hat
der SC Westfalia Herne
seinen hübschen
Fünf-Punkte-Vorsprung
verspielt und den
Tabellenthron in der
Westfalenliga räumen
müssen. Zwar holten zehn
Herner gegen Aufsteiger
Wiemelhausen einen
schnellen 0:2-Rückstand
auf und drückten sogar
noch auf den
Siegtreffer, aber
Trainer Christian
Knappmann verspürte
nicht die geringste
Lust, die Moral seiner
Jungs zu rühmen oder
ihre spätere
Energieleistung zu
loben.
Zu sehr hatte ihm der
Anfang die Laune
verhagelt. „Ich kann
mich für die Leistung in
der ersten halben Stunde
nur entschuldigen. Das
hatte nichts mit dem
Fußball zu tun, den wir
den Leuten zeigen
wollen. Das war
hochnäsig, das war
arrogant, das kam sehr
unsympathisch rüber“,
konstatierte Knappmann
zerknirscht. Eine
Viertelstunde habe er
sich den
Schlafwagenfußball noch
ansehen müssen, bis er
in der Kabine endlich
ausrasten durfte. „Den
Zahn werde ich den Jungs
ziehen, sowas geht mir
richtig auf den Wecker“,
kündigte „Knappi“ eine
weitere Gardinenpredigt
an. „Ich habe mich
bodenlos tief geschämt.“
Die Zuhörer im
proppevollen „Tilkowski“
nahmen dem streitbaren
Trainer die klaren Worte
dankbar ab und
applaudierten – so wie
es viele nach dem
Schlusspfiff auch der
Mannschaft gegenüber
getan hatten. Sie hatten
die Aufholjagd und das
Anrennen nach der Pause
schon als Entschuldigung
für die verkorkste erste
Hälfte akzeptiert.
Langweilig war es auch
vor der Pause nicht.
Allerdings gehörten die
besten Szenen den
Gästen, die mit ihren
schnellen, technisch
versierten und
kombinationsfreudigen
Angreifern der etwas
behäbigen Herner Deckung
reichlich Rätsel
aufgaben. Allerdings war
ihnen auch das
Schussglück hold. So in
der 11. Minute, als der
aufgerückte
Innenverteidiger
Christopher Schmidt eine
flach hereingespielte
Ecke direkt nahm und die
Kugel exakt im Knick
unterbrachte. Nachdem
ein Pflanz-Knaller aus
25 Metern hauchdünn über
die Latte gezischt (18.)
und Dzymalla nach
Doppelpass mit
Kleinschwärzer aus
spitzem Winkel
gescheitert war (20.),
schlug es beim vierten
Versuch der Concordia
erneut ein. Von der
SCW-Abwehr ignoriert,
hatte Groß aus 20 Metern
einfach mal
draufgehalten und den
verdutzten Benjamin
Carpentier ein zweites
Mal überwunden.
Eine Minute später
konnte der bereits
verwarnte Robin Klaas
einen Konter nur per
Foul unterbinden und
musste folgerichtig mit
Gelb/Rot vom Platz.
Herne war nur noch zu
Zehnt, lag 0:2 zurück
und taumelte einer
Klatsche entgegen. Nur
weil Carpentier binnen
weniger Sekunden die
Schüsse von Wartala und
Groß reaktionsschnell
entschärfte (26.), blieb
der Westfalia ein noch
höherer Rückstand
erspart.
Drei Minuten später war
es Marko Onucka, der die
Herner aus ihrer tiefen
Lethargie aufschreckte.
Resolut erkämpfte er
sich nach einer
abgewehrten Ecke im
Sechzehner den Ball und
knallte die Kugel mit
dem linken Außenspann
unter die Latte.

29. Spielminute: Marko
Onucka (Nr. 10) drischt
den Ball zum
1:2-Anschlußtreffer
unter die Latte.
Herne war wieder dran –
und setzte nach. Nur mit
der letzten Streckung
konnte Gäste-Keeper
Staudt Fatmir Feratis
fulminanten 28m-Hieb
über die Latte lenken
und den schnellen
Ausgleich verhindern
(34.). Die letzte Chance
der ersten Hälfte
gehörte dann wieder den
Gästen, aber Dzymallas
20m-Schuss touchierte
die Latte und flog ins
Toraus (45.+1).
Von vereinzelten Pfiffen
begleitet, stapften die
Herner in die Pause, ihr
restlos bedienter
Trainer hinterher. In
der Kabine ließ es
Knappmann dann richtig
rappeln. Mit Erfolg.
Ihrem etwas
einfallslosen
Kick-and-Rush-Stil mit
vielen langen
Diagonalbällen blieben
die Herner zwar
weitgehend treu, doch
jetzt setzten sie
aggressiver nach,
sicherten sich öfter die
zweiten Bälle und
setzten den Aufsteiger
immer stärker unter
Druck. Klare
Einschussgelegenheiten
sprangen allerdings
dabei kaum heraus. Im
Gegenteil. Mehrfach
musste Maurice Kühn in
höchster Not Konter
abgrätschen, kaum dass
er nach einem Standard
im Gäste-Strafraum
wieder über den ganzen
Platz zurückgeeilt war.
Hernes Risikofreude und
die spät erwachte
Leidenschaft wurden dann
aber doch noch belohnt.
Erstmals adressierte
Ferati eine Ecke nicht
an Kühn, Kapitän Fatlum
Zaskoku war mit dem Kopf
zur Stelle und rammte
den Ball zum 2:2 ins
Netz.

68. Spielminute:
SCW-Kapitän Fatlum
Zaskoku kommt
ungehindert zum Kopfball
und trifft zum 2:2.
Fotos: J. Henrich
Danach wurde es noch
hektischer. Beide Teams
suchten nun über die
Zweikämpfe die
Entscheidung, ließen
aber die spielerische
Linie vermissen und
waren am Ende stehend
k.o.. So blieb die Rote
Karte gegen
Wiemelhausens Ingo
Freitag nach grobem Foul
an Ferati der farbigste
Moment der heiß
umkämpften Schlussphase.
SC Westfalia 04 Herne -
Concordia Wiemelhausen
2:2 (1:2)
Tore: 0:1 (11.) Schmidt,
0:2 (21.) Groß, 1:2
(29.) Onucka, 2:2 (68.)
Zaskoku.
SCW: Carpentier - Rieker
(43. Klein), Zaskoku,
Kühn, Temme - Klaas,
Ferati - Trisic (52.
Gumpert), Onucka, Mützel
- Petrovic (75. Ayaz).
SR: Waldemar Stor (Aerzen).
Zuschauer: 512 Zahlende.
Gelb/Rot: Klaas (SCW/22.).
Rot: Freitag
(Concordia/70.).
Quelle:
WAZ Herne
| Wolfgang Volmer
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